Verlassene Kirchenhäuser sind sehr selten hier bei uns in Sachsen-Anhalt, deshalb ist es immer etwas ganz Besonderes, wenn man eine Kirche entdeckt, die sich selber überlassen ist. So auch dieses kleine Schmuckstück, die mal zur evangelischen Heilandskirche gehörte.
Der Bau begann im Jahre 1897 und die Kirche aus gelben Ziegelsteinen war bereits nach 2 Jahren fertig gestellt. Sie steht auf einer Anhöhe und ist jetzt umgeben von neu erbauten Eigenheimen, was ein totaler Kontrast ist. Sobald man sie betritt, weiß man sofort, dass man in einem Gotteshaus steht.
Der Schriftzug am Eingang in das Kirchenschiff weist den Weg in die heilige Halle. Und wie es sich gehört, betritt man diese Räume mit Respekt und Achtung. Nachdem ich die Tür durchquert hatte, eröffnete sich die ganze Schönheit dieser Kirche und entlockte wir ein "Wow".
Der modrige nasse Geruch versetzt einen in eine völlig andere Zeit. Alles erscheint so unberührt. Zentimeterdicker Staub liegt auf den Holzbänken und der Wind weht frisch durch kaputte Fenster.
Der Altarbereich zieht einen magisch an.
Die Bögen sind farblich verziert und automatisch geht der Blick nach oben und dort kann man doch noch sehr schön den Spruch "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" lesen, auch wenn Feuchtigkeit und der Zahn der Zeit bereits deutlich daran nagt, was die Wasserflecken zeigen.
Der Altar selber ist aus massiven Holz und der schön zu sehende Staub zeigt, dass hier schon seit Ewigkeiten keine Bibel, Kerzen oder Ähnliches Anwendung fanden. Nur ein alter zersetzender Auszug aus den 10. Geboten ist noch darauf zu finden.
Den kompletten Text kann man nur noch erahnen. Rechts davon befindet sich die Kanzel, wo der Pfarrer seine Reden hielt, bis auf einige Graffiti Verschmutzungen, zeigt auch sie noch den Glanz vergangenen Tage. Sauber und geölt, war dieses Schmuckstück aus Holz bestimmt hübsch anzusehen.
Von den wunderschönen Bleifenstern ist leider nur noch eins komplett erhalten, dieses zeigt aber mit jeder Einzelheit das Können der damaligen Erbauer. Mit den atemberaubenden Farben und Formen fließt der Charme der Gotik Epoche in das Bauwerk. So etwas sollte in meinen Augen unbedingt erhalten werden.
Die zweite Etage, wo die Orgel stand war nur noch durch Klettern zu erreichen, da die Holztreppen bereits eingestürzt sind. An dem Platz wo die Orgel einmal gestanden hatte, steht nur noch ein altes Stuhlgerippe. Wahrscheinlich diente der Stuhl dem Organisten, der die Orgel an Sonntagen spielte.
An manchen Stellen im Inneren der Kirche ist bereits die Natur angekommen, so wachsen aus diversen Ritzen im Mauerwerk und auch am Holz Farne. Was aber auf Foto wunderschön zeigt, dass überall Wachstum und Neuerwachen möglich ist.
Beheizt wurde die Kirche mit prunkvoll gestaltenden gusseisernen Öfen, davon befinden sich 4 Stück im Kirchenschiff. Das sie noch nicht entwendet wurden, liegt wahrscheinlich an ihrem enormen Gewicht, denn sie lassen sich nicht einen Millimeter bewegen. Liebhaber dafür gäbe es aber bestimmt jede Menge.
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Auf einer der alten Bänke stand ein verbrauchtes Grablicht, es machte den Eindruck, als würde doch ab und an mal noch jemand dieses vergessene Gotteshaus besuchen und dort seiner Toten gedenken oder die Nähe zu Gott suchen. Es fühlte sich komisch an und machte mich irgendwie traurig.
Nach dem Erkunden fiel dann noch mein Blick auf ein altes kleines vergammeltes Fenster mit Festverglasung am Eingang, dass dann doch noch etwas sehr interessantes zu bieten hatte und ein Zeitdokument von damals enthielt. Gern hätte ich darin geblättert, aber die Regeln besagen, alles bleibt an Ort und Stelle und wird nur betrachtet.
Beim Verlassen der Kirche zeigte sich nochmal beim Anblick der Eingangstür, wie schön Verfall doch eigentlich sein kann bzw. wie wunderschön es dort zu Glanzzeiten gewesen sein muss, da kennt meine Fantasie keine Grenzen. Manchmal bin ich ehrlich gesagt hin- und hergerissen, was mir besser gefällt.
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Und diesen Lost Place Bericht beende ich mit einer Aufnahme aus dem Obergeschoß, dass nochmal auf wundervolle Weise dieses schöne Kirchenschiff zeigt, dass auch nach all den Jahren der Nichtnutzung und Verfalls nichts von seiner Anziehungskraft in meinen Augen verloren hat.
Ich hoffe ich konnte euch wieder mitnehmen auf eine Reise in die Vergangenheit und euch hat dieser Lost Place genau so gut gefallen wie mir. Es ist einfach ein besonderer Ort der magisch anzieht und seine ganz eigene Geschichte erzählt. Ich denke, bei jedem weiteren Besuch würde man immer wieder etwas entdecken, was es wert ist - genauer zu betrachten.
Enorm was du da wieder aufgestöbert hast.
AntwortenLöschenMuss eine ganz besondere Stimmung da gewesen sein, die Bilder lassen einem fast erschaudern.
Es Grüssen die staunenden Erika und Ayka
war schon mystisch, vor allem weil es an dem Tag verdammt kalt war und gefühlt in der Kirche noch kälter.
LöschenOk, WOW, so etwas so unberührt zu sehen, das hat schon was und ich finde es fast unglaublich, dass das so rumsteht und sich dem keiner annimmt. Und so unglaublich schöne Entdeckungen.
AntwortenLöschenfreut mich sehr und ich gebe dir recht, es war alles unberührt und so habe ich es auch wieder verlassen.
LöschenSo schön die Kirche auch gewesen sein mag, der jetzige Zustand zeigt genau wie das Verhältnis der Gläubigen zur Kirche aussieht ... es gibt keinen Bezug mehr, was in katholischen Kirchen sicher noch ausgeprägter ist. Genau so wie der Staub auf den Bänken liegt, liegt er auch auf der Institution Kirche.
AntwortenLöschenAber deine Bilder gefallen mir.
Liebe Grüße
Arti
das mit Staub hast du wirklich sehr schön gesagt und ich gebe dir vollkommen Recht.
LöschenEine wirklich wunderschöne Kirche hast Du da entdeckt, liebe Romy. So schöne Proportionen und so gut erhalten. Das Fenster ist besonders schön, wie Du schon sagst. Schade, dass sie keine weitere Nutzung gefunden hat. Als Bibliothek, als Raum für Kultur, als Café ... wenn ringsum Menschen wohnen, könnten sie doch einen interessanten Treffpunkt brauchen.
AntwortenLöschenIch kenne solche Umwandlungen und bin immer wieder von so etwas begeistert.
Aber so hat die Natur etwas davon...
Herzlich,
Sieglinde
man könnte wirklich viel daraus machen, aber wahrscheinlich würde es am Ende an den Behörden scheitern.
LöschenSpannend! Vielen Dank fürs mitnehmen!
AntwortenLöschenfreut mich, dass ich dich mit auf die Reise nehmen konnte.
LöschenJa ein bisschen Schimmer is immer gut, gibt einen tollen Sommer Glow =)
AntwortenLöschenWieder ein richtig schöner Lost Place, danke fürs Mitnehmen. Als ich 2019 auf Inforeise in Lettland war, haben wir auch eine der ältesten Orgeln überhaupt angeschaut - die wird sogar noch benutzt und das war schon imposant. Sehr schade, dass hier der Ort so verfallen is und die Orgel wohl auch nicht mehr existiert. Aber sehr beeindruckend. Lg
ich denke, irgend jemand hat sich diese Orgel abgebaut und nun steht sie woanders. Vielleicht wurde sie dadurch vor dem Verfall gerettet.
LöschenDie Fotos sind fantastisch Romy, Respekt das du auch oben warst. Nun können wir die Kirche auch aus dieser Perspektive sehen.
AntwortenLöschenUnglaublich welche Ausstrahlung Lost Places haben.
LG
jeder Lost Place hat auf seine eigene Art und Weise eine persönliche Ausstrahlung, man muss nur genau hinschauen.
LöschenEinen tollen Lost Place hast du da wieder gefunden, und wunderschön dokumentiert. Das Bleifenster sieht wirklich ganz toll aus, hoffentlich erliegt dies nicht auch dem Zahn der Zeit!
AntwortenLöschenErstaunlich finde ich die von dir erwähnten Eigenheime in der Nähe. Von den Bildern her wähnt man sich fast am Ende der Welt :-)
LG vom Werner
die Kirche wirkt wirklich irgendwie deplatziert, aber sobald man sie betritt, denkt man wirklich man ist in einer andere Welt und Zeitepoche. Ich hoffe auch, dass dieses wunderschöne Bleifenster erhalten werden kann.
LöschenMutig und mit der gebotenen Andacht hast du diese verlassene Kirche betreten. Ich kann nicht verstehen warum dieses Gotteshaus nicht wenigstens als Ausstellungsraum oder für Konzerte genutzt wird (wurde) . Doch die Zeiten werden stiller und nachdenklicher. Deine Liebe zu dieser verlassenen Stätte des Gebets und der Predigt erinnert mich ganz wunderbar an den romantischen Künstler Caspar David Friedrich, der in der Zeit der Romanttik in seinen Bildern etliche verfallene Kirchen hochsensibel dargestellt hat und ihnen sogar einen besonderen Charme und Geheimnis verliehen hat. Er wollte damit was Bestimmtes sagen, und du bist mit ihm auf einer Sehnsuchtswelle.
AntwortenLöschenja solche Orte betreten ich immer mit Ehrfurcht und Respekt. Danke für den Künstlertipp, ich schaue mir seine Bilder gleich mal an.
LöschenIch hätte nicht gedacht, dass man so ein Gebäude einfach zerfallen lässt. Das ist schon schade aber vielleicht gibt es ja Gründe. Ich hab schon einige zum Wohnraum umfunktionierte Kirchengebäude gesehen und fange dann in Gedanken auch immer an, umzubauen. Für eine Umsetzung in der Realität fehlt allerdings der dicke Geldbeutel 😕.
AntwortenLöschendas stimmt, hier wäre wahrscheinlich Unsummen nötig, da das Gebäude bereits sehr stark gelitten hat. Und das nötige Kleingeld haben die wenigsten.
LöschenWow liebe Romy, ich bin jedes Mal begeistert was Du so alles entdeckst. Diese verlassene Kirche finde ich ganz besonders! Das Bleifenster ist mein Favorit , das gefällt mir sehr.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Kerstin und Helga