Als ich vor Kurzem meine Eltern besuchte, erinnerte ich mich daran - das in einer Entfernung von 15 km mal ein Sowjetstützpunkt lag. Ich war als Kind immer hellauf begeistert, wenn die MiG´s im Tiefflug einfach über uns hinwegrauschten mit einer Schnelligkeit und ohrenbetäubenden Lärm. Ich habe mich dann spontan dazu entschlossen, mal zu schauen - was von dem Stützpunkt noch übrig ist. Immerhin ist die Wende jetzt schon 35 Jahre her und somit auch der Abzug der Russen.
Da der damalige Stützpunkt recht abgelegen war, ist er jetzt in einem regelrechten Wald zu finden. Hat man sich erstmal einen Weg durch das Gestrüpp gebannt, tauchen wie aus Zauberhand die Kasernengebäude der Soldaten auf. Die Kolosse stehen in Reih und Glied zwischen Bäumen, als wäre es schon immer so gewesen, aktuell noch 7 Stück an der Zahl.
Obwohl die Fenster in den Erdgeschoßen vernagelt sind, stehen die Türen komischerweise offen, sodass jedes Gebäude betreten werden kann. Und dieser Einladung bin ich sehr gern gefolgt.
Leider ist vom Armee-Leben im Inneren der Gebäude nicht mehr viel zu sehen. Es scheint so, als hätten die Russen bei ihrem Rückzug alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Ob Türzargen, Heizkörper, Fliesen, etc. alles wurde fein säuberlich entfernt.
Die Wohnräume der Soldaten waren recht groß und schön lichtdurchflutet und dennoch merkt man, das ein Zimmer dem anderen glich, Komfort sucht man vergebens.
Jedes Kasernengebäude verfügte über 3 Etage inkl. Dachgeschoß und war mit einer massiven Steintreppe ausgestattet. Komischerweise fehlen in allen Gebäuden die Geländer, was ich schon sehr mysteriös fand. Vielleicht bestanden sie aus Hartholz oder wertvollem Stahl, was man zu Geld machen konnte.
Kaputte Fenster und Dächer lassen ungewollt Feuchtigkeit in die Gebäude, sodass sich die Farbe regelrecht von den Wänden schält. Aber man kann das bekannte "Armeegrün" noch super erkennen.
In einem separaten Gebäude fanden wir dann diesen riesen großen Raum, der von 3 Seiten mit unzähligen Fenstern versehen war und dadurch - auch in diesem Zustand - hell und einladend wirkte. Ich denke, dass es sich um einen Veranstaltungsraum oder ähnliches handelte. Leider wird er nicht mehr lange erhalten sein, da sich bereits die Balken biegen und das Dach teilweise eingestürzt ist.
Im Offiziersgebäude wirkte es dann schon etwas edler und hochtrabender, ganze Fensterfronten bestanden aus dunklen Eichenholz mit Querstreben im selben Ton. Leider ist nicht eine einzige Fensterscheibe erhalten.
Speisesaal I entlockte mir einfach nur ein "WOW" - nach Betreten durch eine alte Holztür stand man auf einmal in diesem großen Raum mit tollen Säulen, die Stuckverzierungen aufwiesen. Einfach nur wunderschön. Hier speisten damals bestimmt die Generäle.
Speisesaal II war auch recht hübsch, aber eher schlichter gestaltet. Die tragenden Säulen sind zumindest noch in einem besseren Zustand. Ich denke, hier hielten sich die Offiziere und Unteroffiziere auf und nahmen ihre Mahlzeit zu sich.
Im Keller an einer Wand prangte dann diese Zeichnung, die ich leider nicht verstehen konnte, dafür fehlt mir wahrscheinlich das militärische Wissen. Vielleicht kann einer meiner Leser mir weiterhelfen.
Beim weiteren Erkunden der dunklen Kellergänge fiel mein Blick dann auf dieses Schild, was über einen Durchgang hing. Was darauf steht, kann ich nicht sagen, da jegliche Übersetzungsprogramme sich daran die Zähne ausbeißt. Vor allem weil es sich teilweise um kyrillische Schriftzeichen handelt.
Als ich das letzte Gebäude erkundete bis hoch zum Dachboden, fand ich diesen kleinen Schatz, achtlos in einer trockenen Ecke. Es handelt sich um eine russische Tageszeitung die das Datum: Donnerstag, den 25. November 1976. Da sie nie dem Tageslicht ausgesetzt war, sieht sie aus wie neu - als wäre sie erst vor Kurzem gedruckt wurden.
Was ich sehr Schade finde, dass überall der rote Stern sorgfältig entfernt wurde - das Symbol der Sowjetarmee. Als wolle man das Kapitel aus der Geschichte streichen... Übersehen habe ich sie garantiert nicht, denn ich war gute 5 Stunden mit Adleraugen auf dem Gelände unterwegs.
Ich hoffe, euch hat die heutige Reise in die Vergangenheit wieder gefallen und ich bin sehr gespannt auf eure Kommentare zu diesem Ort.
Spannende Zeitreise. Das Bild der Struktur der sich ablösefrei Farbe finde ich großartig.
AntwortenLöschenAuf dem Schild steht "Lager für Gemüse" sagt mein Nachbar aus Moskau.
Viele Grüße
Ines
danke, dass ist echt lieb von deinem Nachbarn, endlich weiß ich - wofür der Kellerraum war.
LöschenLiebe Romy, das ist wieder ein Schatz von einem Lost Place! Mir gefällt die abblätternde Farbe auch gut - sie wirkt auf dem Foto fast wie ein Tarnmuster. Die Säle mit den Säulen sind wirklich schön. Mein Übersetzungsprogramm sagte zu dem Schild "Obstgarten", aber "Lager für Gemüse", wie Ines' moskauer Nachbar sagt, ist wohl plausibler.
AntwortenLöschenDu hast mir bei dem Pottendorfer Schloss geschrieben, dass es schade ist, dass wir nicht in die oberen Räume konnten, weil man da manchmal schöne Stuckdecken findet. Das wäre wohl nicht gegangen, da sämtliche Dachstühle schon seit Ewigkeiten teilweise eingestürzt sind: Zu gefährlich und bestimmt nirgendwo mehr eine Decke zu sehen...
Alles Liebe und schöne Oktober-Tage, Traude
https://rostrose.blogspot.com/2024/10/weltreise-2024-sw-usa-roadtrip-teil-2.html
freut mich sehr, dass dir dieser Lost Place wieder so gut gefällt. Ich bin immer von Stuckdecken magisch angezogen, deshalb sehe ich mir unheimlich gern Schlösser und ale Gutshäuser an.
LöschenInteressant, wie der Verfall die Gebäude verändert. Mir geht es wie Ines - die ablösende Farbe hat schon was Künstlerisches!
AntwortenLöschenLG
Vanessa
vor allem zeigt die Farbe irgendwie das Vergängliche, ich mag solche Aufnahmen unheimlich gern machen. In Real sieht es noch anziehender aus.
LöschenEin wunderschönes Lost Place! Leider kann ich im Rollstuhl solche Orte nur schwer besuchen. Umso dankbarer bin ich für deine Berichterstattung und dass ich dadurch die Gesichte, die solche Orte erzählen, trotzdem irgendwie mit erleben kann.
AntwortenLöschenmit deinem Handicap ist das natürlich schwierig. Aber ich nehme dich so oft wie möglich virtuell mit auf die Reise in die Vergangenheit.
LöschenBei uns in der Nähe gab es auch Stützpunkte, da gibt es auch noch alte Gebäude, interessant finde ich das alles auch.
AntwortenLöschenLG Leane
dann zieh dir festes Schuhwerk an und erkunde sie ;-)
LöschenWas du alles findest!
AntwortenLöschenLiebe Grüße!
ja, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, es gibt jede Menge solcher Orte und sie warten regelrecht darauf, dass man sie besucht.
Löschen...some history is best forgotten!
AntwortenLöschenIt just happened that Russia was the occupying power of the former GDR; this chapter of history cannot be erased.
LöschenEinmal mehr habe ich mir deine Bilderserie von diesem Lost Place sehr gerne angesehen, ich bin fasziniert von diesen Orten, die du da findest.
AntwortenLöschenLG Werner und Loki
ich glaube früher oder später wirst du auch losziehen, hab dich ja langsam auf den Geschmack gebracht ;-)
LöschenMir is beim Betrachten eher kalt als warm geworden. Als ich die einsturzgefährtete Decke sah, dachte ich, das ist nicht ungefährlich, hier Höhlenforscherin zu sein! Fünf Stunden sind eine lange Zeit, doch ich vermute, du hast die reale Zeit vergesse und warst ganz in Zeitreisemodus. Toll, dass gleich im ersten Kommentar eine Übersetzung für den Hinweis über der Tür in kyrillischer Schrift eingetroffen ist. Du hast wieder excellente Arbeit geleistet, liebe Romy!
AntwortenLöschenman muss immer vorsichtig sein und genau schauen wo man hintritt. Aber bisher ist immer alles gut gegangen. Und ich stimme dir zu, die 5 Stunden kamen mir vor wie vielleicht 45 Minuten. Man vergisst an dieses Orten echt die Zeit.
LöschenWieder einmal ein beeindruckender Post, liebe Romy. Hier kommt für mich die geschichtliche Komponente noch massiv dazu... Nicht nur die Farben blättern ab und die Holzbalken geben nach, ein ganzes System hat sich da ja aufgelöst. Das muss eine ganz besondere Atmosphäre dort haben. Noch dazu so viele große Häuser. Kein Wunder, dass Du 5 Stunden dort verbracht hast.
AntwortenLöschenMich fröstelt es ein wenig, wenn ich so über alles damit verbundene nachdenke.
Herzlich, Sieglinde
mir kam oft die Frage in den Sinn, was wohl aus den Soldaten geworden ist und wie sie jetzt leben mit der Erinnerung an die Stationierung in der DDR.
LöschenWir haben hier auch eines der verlassenen Kasernen in unserer Nähe und vor 20 Jahren war noch viel erhalten. Nun hat es sich die Natur zurückerobert. Sehr schöne ruhige Eindrücke Deiner Aufnahmen, als ob die Zeit stehengeblieben ist.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße von Senna
bestimmt gibt es dort trotzdem noch was zu entdecken, man muss nur genau hinschauen.
LöschenAlso lesen konnte ich die kyrillische Schrift auch( zu deutsch ungefähr so: owoschechranilischee, wo mir google dann auch "Gemüseladen" ausgespruckt hat). Spannend auch das auf der Zeitung steht, dass es sich um eine tägliche Zeitung speziell für die Sowjetischen Truppen handelte. Was da wohl alles spannendes drin stand.
AntwortenLöschendanke für die Infos, mich stellt sich dann natürlich die Frage, wo wurde diese Zeitung täglich in russischer Sprache gedruckt.
LöschenMein Favorit deiner vielen Bilder ist auch das Foto mit der abblätternden Farbe. So viel an einer Wand, das sieht schon klasse aus. Die russische Besatzung mochten wohl reichlich viele Leute nicht und so ist es eben kein Wunder, wenn dort randaliert und Zargen, Geländer usw. entfernt wurden.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Arti
irgendwie ist alles weg, es stehen nur noch die kalten leeren Gebäude. Vielleicht haben aber die Soldaten auch viel mit in ihre Heimat genommen. Ich liebe solche Aufnahmen von abblätternder Farbe, sie zeigen wunderschön die Vergänglichkeit.
LöschenHallo Romy,
AntwortenLöschenein sehr interessanter Ort, aber auch ein wenig gruselig. Wenn alte Gebäude sprechen könnten, sie hätten bestimmt viel zu erzählen. Ein schöner Beitrag, den ich sehr gerne gelesen habe. :)
Eine angenehme Woche und herzliche Grüße, Tati
das stimmt, solche Orte sind voller Geschichte. Schade, dass ich kaum Bildmaterial finde aus der damaligen Zeit. Der Vergleich hätte mich sehr interessiert.
LöschenDas war jetzt auch am Bildschirm wieder interessant, dich bei deiner Erkundung begleiten zu können. Danke wieder fürs zeigen und auch informieren.
AntwortenLöschenLG Heidi-Trollspecht
freut mich immer wieder, dass es mir gelingt - euch auf diese kleinen Zeitreisen mit den Fotos und Beschreibungen mit zunehmen.
LöschenWhat an intriguing exploration! The remnants of the Soviet barracks seem to tell so many stories, even in their dilapidated state. Finding that Russian newspaper from 1976 must have been like unearthing a piece of history. It's fascinating how such places can evoke both memories and mysteries. Thanks for sharing your adventure! What did you find most striking or eerie about the visit?
AntwortenLöschenWishing you a great day. Read my new post: https://www.melodyjacob.com/2024/10/ultra-rich-anti-aging-cream-for-improved-skin-hydration-and-radiance.html
Yes, the place really let you feel the history of that time. The dining room felt very mystical. I imagined I was hearing music and had the smell of food in my nose. Of course it's just your imagination, but that's what these places can do to you.
LöschenThis empty building looks a little scary to me. These pictures are so good and so attention capturing. Wonderful Post! Have a great day!
AntwortenLöschenRampdiary
I'm really happy that you like the pictures so much. Somehow the place had something eerie about it and yet it really pulled me into its orbit.
LöschenOh wie spannend! Ich hatte damals Russisch in der Schule, kenne das Wort über der Tür aber auch nicht! Dafür konnte ich aber noch ein bisschen von der Zeitung entziffern :)
AntwortenLöschenLG Jana
ich hatte damals auch russisch, aber das ist mehr als 35 Jahre her, da ist nicht wirklich was hängen geblieben ;-)
LöschenWir hatten eine sehr schöne Zeit und ordentlich gefeiert =) Es gab eine Cocktail-Bar, Catering, eine Foto-Ecke mit Aufgaben und einiges an Spielen (wie Billard oder Kicker). Wollte gar nicht mehr gehen *lach*.
AntwortenLöschenWieder mal ein sehr interessanter Lost Place =)
Ich finde ja so ehemalige Stützpunkte auch immer super spannend. Mein Nature One Festival findet ja immer auf der ehemaligen Raketenbasis Pydna im Hunsrück statt. Das is zwar kein Lost Place, da sie die Basis immer noch nutzen, aber es geht ja auch irgendwie in die Richtung. Da steckt immer viel Geschichte dahinter =) Lg
jeder Ort erzählt seine Geschichte, auch wenn er noch in Betrieb ist. Das ist das Interessante daran.
LöschenLooks so old and nobody cares about it :/
AntwortenLöschenIt is very old and since the Russian army left it it has been forgotten and is now falling into disrepair. Which is a real shame.
LöschenI think it is so neat that you explore these kinds of places and bring life back to them in a way! I appreciate you sharing your photos and a bit about the history there <3
AntwortenLöschenthe creation of beauty is art.
I also hope that through my visits to these places I can give them a touch of life again. And by taking photos I try to ensure that such objects are not forgotten.
LöschenDein neues Hobby finde ich richtig interessant und auch spannend, was die alten Gebäude so verbergen. Ich würde mich freuen, wenn du die Fotos und Berichte in meiner Linkparty verlinkst. Am Dienstag startet ja die neue Runde.
AntwortenLöschenLG Elke
ich glaube ich mache wirklich diese Runde mal wieder mit :-)
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